Poesie der Natur – Malerei von Susanne Funk

Ausstellung im Rathaus am 28. Juli 2016 eröffnet

Eine überaus große Zahl von Besuchern hatte sich im Rathaus eingefunden, als Ortsvorsteherin Heidi Matzik mit einem wohlklingenden Schlag die alte Rathausglocke im Foyer ertönen ließ, um mit ihrer Vernissagerede zur Ausstellung „Malerei von Susanne Funk“ zu beginnen.

(© Dr. Friedrich Rudzik)

Es erfülle sie mit Freude, dass die leeren Wände der Flure im Rathaus ein halbes Jahr lang mit leuchtkräftigen Bildern eine freundliche Atmosphäre ausstrahlen. So werde das Gebäude zum Ort einer anregenden Begegnung mit Formen künstlerischen Schaffens. Sie gab sich überzeugt, dass in uns allen frühzeitig eine Befähigung zu kreativem Tun angelegt sei, die sich im künstlerischen Prozess des Suchens und Findens neuer, bisher nicht gesehener Bildideen ausdrücke. Diese nur dem menschlichen Individuum innewohnende Künstlereigenschaft schwäche sich aber im Laufe des Lebens ab, wenn Impulse und Motivation zu bildnerischer Gestaltung ausbleiben. Pablo Picasso, bedeutendster bildender Künstler des 20. Jahrhunderts, beschrieb diese Erkenntnis mit den Worten: „Als Kind ist jeder ein Künstler, die Schwierigkeit liegt darin, als Erwachsener einer zu bleiben."

Susanne Funk hat diese Hürde überwunden und in der Aquarellmalerei eine professionelle Gestaltungshöhe erreicht. Ihre ausgestellten 23 Aquarelle und vier Acrylbilder mit ihren ansprechenden Motiven halten den Be-sucher des Ortschaftsgebäudes zum betrachtenden Verweilen an und las-sen ihn eine harmonische Farbenwelt erleben. Heidi Matzik dankte der Künstlerin für ihr das kulturelle Angebot in der Ortsmitte bereicherndes Engagement und wünschte der Ausstellung für die nächsten sechs Monate die verdiente Aufmerksamkeit und besten Erfolg.

Dann wandte sich Susanne Funk an ihr zahlreiches Vernissagepublikum und dankte der Ortsvorsteherin als Impulsgeberin für die öffentliche Präsentation ihrer zwischen 2008 und 2016 entstandenen Exponate sowie dem Organisationsteam. In einer kurzen Zeitreise in ihr vergangenes Leben er-zählte die Künstlerin auf die bis in die Kindheit zurückreichende Begeis-terung, mit leichter Hand selbst gewählte Motive zu malen und zu zeich-nen. Auslöser war die Hausaufgabe im Religionsunterricht, ein Bild von Jesus und Maria aus dem Religionsbuch abzumalen, was sie mit Bravour löste. Es lag deshalb auch nahe, im damaligen Architekturbüro Holz den Beruf der Bauzeichnerin zu erlernen. Der anschließende Lebensabschnitt mit Kindern und stets gleicher Hausarbeit ließ in Susanne Funk ein Gefühl des Defizits entstehen, nichts von bleibendem Wert zu schaffen. So begann sie, Aquarellkurse bei der VHS und der Freien Kunstakademie Gerlingen bei der renommierten Aquarellmalerin Ingrid Buchthal zu belegen. Eine Malreise nach Venedig schloss sich an.

Doch musste die Künstlerin erfahren, dass die Aquarellmalerei eine der schwierigsten bildnerischen Techniken darstellt. Sie verlangt für das Mischen der Farben und bei jedem Strich eine konzentrierte Entschlossenheit und die genaue Vorstellung des angestrebten Ergebnisses – ein Suchen nach der Form ist beim Aquarellieren an der stehenden Bildfläche grundsätzlich nicht möglich. So ist das Aquarell die Technik des Unauslöschlichen, die es nicht zulässt, einmal gesetzte Pinselstriche wieder zu entfernen. Deshalb erfordert es Mut, zu Beginn des Malprozesses sich dem Weiss des leeren Blattes zu stellen, die Angst vor einem Fehler zu unterdrücken und gleichzeitig das Gespür zu entwickeln, rechtzeitig den Pinsel abzusetzen, wenn es der Bildausdruck verlangt. Susanne Funk verdeutlicht diese Vorgehensweise des Künstlers mit den Worten: „ Jedes gemalte Bild ist ein Schaffensprozess, ein Sichtbarmachen, ein Ringen, ein Scheitern, ein Gelingen, eine Auseinandersetzung mit sich selbst." Um dem gesetzten hohen Anspruch mit größerer Leichtigkeit und innerer Freiheit zu begegnen, ließ sie sich über mehrere Jahre in der Zukunftswerkstatt Amberg zur Ausdrucksmalpädagogin ausbilden, um das prozessorientierte Malen wertfrei, experimentierfreudig und mit kreativer Spontaneität zu verinnerlichen. Heute ist sie in diesem Beruf und als Betreuungsassistentin in einem Aalener Seniorenheim tätig und bietet in Unterkochen in ihrem „Malraum Farbgefühl" Kurse im Ausdrucksmalen und experimentellen Malen in Aquarell und Acryltechnik an. Die Teilnehmer entfalten dabei über das Erlebnis und Abenteuer „Farbe" spielerisch und absichtslos die eigene Kreativität.

Wer sich in der Ausstellung umschaut, wird erkennen, dass hier eine Künstlerin ausstellt, die ihr Leitthema „Der Natur auf der Spur" mit Beobachtungsgabe und großem Einfühlungsvermögen angeht, indem sie die vorgefundene Realität in eine eigene Bildwirklichkeit übersetzt, gleichzeitig aber auch dem Betrachter Spielräume offen lässt. So vermag sie einem schlichten Blütenzweig kostbare Ansichten abzugewinnen und macht das Unscheinbare reizvoll anschaulich mit schönen Farben ohne schönzufärben. Dabei geht sie souverän mit der Lasurtechnik und den Ausdrucksmitteln Licht und Farbe in ausgewogenen und überzeugenden Kompositionen um. Eindeutige Schwerpunksetzungen in den Motiven sind eingebettet in farblich vermittelnde ruhige Hintergrundflächen mit dezenten Farbverläufen, die sich durch eine flüchtige Leichtigkeit auszeichnen. Diese beruht auf den Eigenschaften der Aquarellfarben. Sie sind, technisch gesprochen, glasklare Aufschwemmungen von feinen, nicht-löslichen Farbpigmenten im Wasser. Die Bildarchitektur der Werke wird wesentlich gestützt durch das Zusammenspiel von erkennbaren Waagrechten, Senk-rechten und Diagonalen, die zu einer lebendigen Dynamik beitragen. Sehr deutlich zeigt sich der gekonnte Einsatz aller bildnerischen Mittel beispielsweise in den Motiven „Quitten", „Hagebutten", „Schlehenblütenzweig", „Physaliszweig in der Vase" und „Apfelblütenzweig". In der Gesamtbetrachtung entsteht die Anmutung, als webe Susanne Funk in ihrer feinen Aquarelltechnik mit Leichtigkeit ein Farbgeflecht mit einer Zartheit und dem Aquarell eigenen Transparenz, die uns die atmosphärische Stimmung der sehenswerten Bilder einatmen lässt.

 

Dr. Friedrich Rudzik

(© Dr. Friedrich Rudzik)
(© Dr. Friedrich Rudzik)
© Stadt Aalen, 22.08.2016